Prognosen sind ein schwieriges Geschäft, insbesondere wenn sie sich mit der Zukunft beschäftigen ... Diese weit verbreitete Erkenntnis gilt für die künftige Entwicklung der Abfallwirtschaft jedoch nur eingeschränkt: Je näher das magische Jahr 2005 rückt, desto klarer werden die Konturen der bisherigen Versäumnisse. Bekanntlich – doch oft unbeachtet – dürfen bereits heute keine unbehandelten Abfälle auf Deponien ohne Ausnahmegenehmigung abgelagert werden. Ab 1.6.2005 dürfen nur noch auf geeigneten Deponien Abfälle bestimmter Qualitäten abgelagert werden; die Abfälle sind entsprechend „vorzubehandeln“.
Doch welche Massen an vorzubehandelnden Abfällen stehen dann welchen vorhandenen Behandlungskapazitäten gegenüber? Die in jüngerer Zeit hierzu veröffentlichten Einschätzungen reichen von Überkapazitäten in Höhe von maximal 8 Mio. Mg bis zu Unterkapazitäten in Höhe von 3 Mio. Mg bzw. 7 Mio. Mg und liefern damit wenig Klarheit über den tatsächlichen Handlungsbedarf. Der Bund geht aktuell von einer fehlenden Behandlungskapazität 2005 von 5,8 Mio. Mg aus. Anlässlich des im Januar 2003 zum dritten Mal erscheinenden Branchenreports „Entsorgungswirtschaft“ der Prognos AG fassen die Autoren im vorab einige der zentralen Ergebnisse zu dieser wichtigen Fragestellung zusammen. Der Artikel beschreibt ausführlich die Ergebnisse der Prognosen für das primäre, sekundäre und tertiäre Abfallaufkommen in den Gebieten der rund 440 Kreise und kreisfreien Städte, welche über die jeweiligen Bundesländer auf die Bundesebene aggregiert werden. Ferner werden die in Betrieb befindlichen und bis 2006 bzw. 2012 voraussichtlich errichteten Behandlungskapazitäten und die absehbar resultierenden Differenzen dargestellt und kommentiert.
Die Autoren errechnen auf Basis detaillierter Prognosemodelle und Mengenstromszenarien für das Jahr 2006 bundesweit bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen ausreichende Kapazitäten für die Behandlung überlassungspflichtiger Abfälle.
Die Zuständigkeit und umweltpolitische Verantwortung für diese Abfallfraktion war mit Inkrafttreten des KrW-/AbfG unstrittig. Die umweltgerechte und gesetzeskonforme Entsorgung dieser Abfälle wäre gesichert. Die Diskussion über die Zuständigkeit speziell für die gewerblichen Abfälle aber wurde seit 1996 sowohl zwischen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE) und den privaten Entsorgern einerseits und zwischen den Landesabfallbehörden und dem Bundesumweltministerium andererseits sehr kontrovers geführt. Auf der Strecke blieb insbesondere das Problem der Entsorgungssicherheit: Für die Behandlung von Primär- und Sekundärabfällen errechnet sich nach den Prognosen eine Kapazitätslücke von mindestens rd. 4,5 Mio. Mg. Das sind immerhin fast 20% der für eine geordnete Abfallwirtschaft im Jahre 2006 benötigten Behandlungskapazitäten.
Das Behandlungsdefizit könnte bis auf 7,3 Mio. Mg/a in 2006 klettern, wenn die industrielle Mit-Verbrennung nicht im erforderlichen Maße ausgebaut würde. Was ist daraus zu folgern? Die Autoren prüfen grundsätzliche Steuerungsmöglichkeiten für Abfallströme. Darauf aufbauend werden vor dem Hintergrund in Deutschland insgesamt fehlender Behandlungskapazitäten einzelne Handlungsvorschläge darauf hin untersucht, ob sie geeignet sind, bis Mitte 2005 Abfallströme in großem Maße noch umzulenken. In ihrem Fazit kommen die Autoren zu der unbefriedigenden Erkenntnis, dass weder preisliche und finanzielle Anreize noch administrative und judikative Eingriffe das Problem 2005 im Kern zu lösen vermögen: Ein großer Abfallteilstrom wird unter dem Signet der angeblichen Verwertung exportiert und ein zweiter weiterhin unbehandelt auf ungeeigneten Deponien zwischen- und abgelagert werden. Zu Lasten der Umwelt und nachkommender Generationen.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1863-9763.2003.01.04 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1863-9763 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2003 |
Veröffentlicht: | 2003-01-01 |
Seiten 16 - 29
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