In den letzten 25 Jahren haben wir mit dem Begriff „Abfallvermeidung“ versucht, die notwendige, aber unliebsame Produktvermeidung, die sich aus den Grundsätzen der „starken“ Nachhaltigkeit ergibt, „in“ dem für die Abfallwirtschaft zuständigen Gesetz abzuhandeln. Abfälle können jedoch nicht vermieden werden, sondern nur Produkte (und Dienstleistungen). Die Produkte sind Ursache des Abfalls oder noch pointierter formuliert: Die Produkte sind der Abfall. Anhand der Begriffe und Formulierungen aus dem deutschen Gesetzentwurf zur „Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts“ (Februar 2010) möchte der Autor deutlich machen, dass der Versuch, eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, nämlich die Notwendigkeit zur Vermeidung von Produkten, im Abfallrecht abzuhandeln, über kurz oder lang scheitern muss. Man kann auch sagen, die Abfallwirtschaft ist weiterhin „in der Kreislaufwirtschaft“ gefangen, indem sie an ein vermeintlich existierendes Handlungsfeld Abfall-Vermeidung „gekettet“ und in das Korsett einer „Kreislaufwirtschaft“ gezwängt wurde, die nachhaltiger sein soll als die Abfallwirtschaft selbst. Produktvermeidung als Abfallvermeidung durch Abfallrecht zu regeln und Abfallwirtschaft durch Kreislaufwirtschaft zu ersetzen, ist sowohl die Verdrängung einer unliebsamen Notwendigkeit als auch eine Verwechslung der Regelungsebenen. Dadurch entsteht ein rechtliches Vakuum. Dieses Vakuum kann wieder gefüllt werden, wenn die Abfallvermeidung aus dem Abfallrecht gestrichen wird und Kreislaufwirtschaft wieder auf die mit der Verwertung verbundenen Tätigkeiten zurückgeführt wird. Die Abfallwirtschaft kann dann wieder das sein, was sie ist, die Verwertung und Beseitigung von zu Abfall gewordenen Produkten. Die Produktvermeidung als Teilstrategie der „starken“ Nachhaltigkeit muss in einem „Nachhaltigkeitsrecht“ etabliert werden. Dieses Recht wird allen Rechtsgebieten, die mit dem Materiedurchsatz der Menschen in einer Volkswirtschaft zu tun haben, übergeordnet. Ein solches Recht wird dann auch die Abfallwirtschaft berühren. Nachhaltigkeitsrecht wird aber den Materiedurchsatz einer Volkswirtschaft insgesamt regeln, indem der Materiedurchsatz des Einzelnen, gemessen in Tonnen pro Jahr, in das insgesamt auf der Erde Verfügbare, ebenfalls gemessen in Tonnen pro Jahr, zurückgekoppelt und damit beschränkt wird. Das Ziel dieser „Beschränkung“ ist der Erhalt der Erde als Lebensraum. Nachhaltigkeitsrecht ist definitiv kein Abfallrecht.
With the term “waste avoidance” we have tried in the past 25 years to handle the necessary, but unpopular product avoidance which results from the principles of “strong“ sustainability “in“ the legislation on waste management. However, waste cannot be avoided, only products (and services). The products are the cause of waste or much more to the point: The products are the waste. By means of the terms and wordings from the German draft bill “Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts“ (Reform of the Recycling and Waste Management Act; February 2010) the author wants to reveal that the attempt to deal with one of the biggest challenges of the 21st century, i.e. the necessity to avoid products, in the legislation on waste is bound to fail sooner or later. You could also say that waste management continues to be trapped “in recycling management“ (Kreislaufwirtschaft), as it has been “shackled“ to a supposedly existing field of action of waste avoidance and constricted by the corset of “recycling management“ (Kreislaufwirtschaft) which is said to be more sustainable than waste management itself. Regulating “product avoidance” as “waste avoidance” by waste legislation and replacing waste management by “recycling management” (Kreislaufwirtschaft) means to suppress an unpopular necessity as well as mixing up the regulation levels. This creates a legal vacuum. This vacuum can be filled again if “waste avoidance” is cancelled from waste legislation and “recycling management” (Kreislaufwirtschaft) is led back to activities linked to re-utilization and recycling. Then waste management can again be what it is, the re-utilization/recycling and disposal of products which have become waste. Product avoidance as partial strategy of “strong“ sustainability has to be established in a “legislation on sustainability“. This law is placed above all other fields of law dealing with people’s throughput of matter in an economy. Such a law will also affect waste management. However, sustainability law will regulate the throughput of matter in an economy as a whole, i.e. the matter throughput of the individual, measured in tons per year, will be linked back to the matter available on earth as a whole, also measured in tons per year, and will thus be limited. The target of this “limitation“ is the preservation of the world as a living space. Sustainability law is definitely no waste law.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1863-9763.2010.10.05 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1863-9763 |
Ausgabe / Jahr: | 10 / 2010 |
Veröffentlicht: | 2010-10-11 |
Seiten 488 - 492
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